Nach dem Spiel
Babak Rafati hat iranische Wurzeln und macht sich in Deutschland als erster Bundesliga-Schiedsrichter mit Migrationshintergrund einen Namen. Schon als Kind hat er gelernt, dass er stark und ohne Fehler sein muss, um geliebt und anerkannt zu werden. In der Welt des Fußballs zerbricht er fast an diesem Anspruch.Babak Rafati kommt in Hannover zur Welt. Als er vier Jahre alt ist, kehren seine Eltern in ihre Heimat Iran zurück. Sein Vater ist ein warmherziger Lebenskünstler - die Mutter eher kühl und sehr ehrgeizig. Als die Eltern sich trennen, geht der Vater nach Hannover und holt - auf Babaks Wunsch - den achtjährigen Sohn zu sich. Babak will sich nun einen Platz in der deutschen Gesellschaft erobern. In seiner Freizeit spielt er Fußball. Für die erträumteProfikarriere reicht sein Talent nicht – aber er ergreift die Chance einer Ausbildung zum Schiedsrichter. Gleichzeitig lernt er Bankkaufmann und steigt später bis zum Leiter einer Sparkassenfiliale auf.
Auch als Schiedsrichter ist Babak erfolgreich. Seit 2005 pfeift er in der 1. Bundesliga, drei Jahre später sogar international als FIFA-Schiedsrichter. Die Welt des Fußballs bestärkt seinen Perfektionsanspruch und sein Selbstbild des starken Mannes. 2010 beginnen Babaks Probleme. Die Schiedsrichter-Kommission bekommt eine neue Führung und Babak vermisst deren Rückendeckung. Er trifft gravierende Fehlentscheidungen, wird wochenlang für die 1. Bundesliga gesperrt. Der Druck steigt. Spieler wählen ihn im Kicker wiederholt zum schlechtesten Bundesliga Schiedsrichter, die Fans beschimpfen ihn - und von seinen Chefs fühlt er sich im Stich gelassen. Er hat Probleme mit der Achillessehne, ignoriert aber die Signale seines Körpers und geht über Schmerzgrenzen. Auf einem Lehrgang erfährt er beiläufig, dass er als FIFA Schiedsrichter abgesetzt wurde. Er fühlt sich hintergangen, und hat panische Angst, Fehler zu machen. Lange Jahre war er Schiedsrichter aus Leidenschaft - jetzt empfindet er dieses Amt als existentielle Bedrohung. Am 19. November 2011 sieht Babak Rafati keinen anderen Ausweg als Selbstmord. Gerade noch rechtzeitig wird er gefunden und ins Krankenhaus gebracht. Es folgt die wohl schwierigste Zeit seines Lebens. Erst nach sechs Wochen findet er einen Arzt, dem er vertraut. Er gesteht sich ein, in einer tiefen Depression zu stecken.Nach und nach lernt er, Hilfe anzunehmen und sich selbst und seine Bedürfnisse wahrzunehmen. Schließlich erkennt Babak Rafati, dass er von seiner Umwelt auch geliebt wird, wenn er Schwäche zeigt. Heute hält er Vorträge über seinen Weg in die Depression und wie er den Weg heraus gefunden hat. Er will das Thema enttabuisieren und mit seinen Erfahrungen, anderen helfen.