Warum Introvertierte Teams bereichern – und was wir ändern müssen
Jeder kennt die Situation aus der Schulzeit: Ein Referat steht an. Die introvertierte Schülerin
schaut nach unten, hofft, durch fehlenden Blickkontakt mit der Lehrerin unsichtbar zu werden.
Der extrovertierte Typ aus der letzten Reihe reißt sofort die Hand hoch: „Ich mache das!“
Während des Vortrags denkt die Introvertierte: „Der Typ hat keine Ahnung, aber wie gut, dass ich nicht da vorn stehen muss.“
Natürlich ist es nicht immer so, dass der Extrovertierte zwar keine Ahnung hat, aber sein
Halbwissen mitreißend präsentiert. Doch es ist erwiesen: Introvertierte reflektieren tiefer, ehe
sie sich äußern. Extrovertierte hingegen fallen stärker auf und stehen im Rampenlicht.
Introvertiert und extrovertiert – ein bekanntes Schulbeispiel
Nein! Schüchternheit entsteht aus sozialer Angst oder mangelndem Selbstbewusstsein.
Introversion hingegen ist eine Persönlichkeitseigenschaft. Introvertierte ziehen sich gern zurück, verbringen auch gern Zeit allein – und können trotzdem sehr selbstbewusst sein. Sie fühlen sich einfach ohne viel Wirbel um ihre Person wohler.
Introvertiert heißt nicht schüchtern
Stellen wir uns Fähigkeiten wie eine Wippe auf dem Spielplatz vor: Auf der einen Seite sitzt die
Extrovertiertheit, auf der anderen die Introvertiertheit. Beide sind gleich wertvoll, aber
manchmal ist die eine Seite schwerer. In unserer Gesellschaft wird Extrovertiertheit oft höher
bewertet – besonders in hierarchischen Unternehmen, wo Aufstiegschancen häufig an
Präsentationsfähigkeit und Selbstvermarktung geknüpft sind.
Viele Introvertierte neigen dazu, Extrovertierte zu überbewerten, weil diese etwas verkörpern,
das sie selbst nicht können. Doch es bringt nichts, dagegen anzukämpfen oder sich zu zwingen.
Das Ziel sollte sein, das eigene Potential zu nutzen und die vorhandenen Fähigkeiten
auszubauen.
Introversion ist keine Schwäche – sie ist eine Stärke
Introvertierte sind keine „leiseren Extrovertierten“, sondern bringen ganz eigene Stärken mit:
- Tiefgründige Analyse:
Sie denken gründlich nach, bevor sie sprechen oder handeln. - Empathie und Zuhören:
Sie hören aufmerksam zu und nehmen Stimmungen im Team sensibel wahr. - Kreativität:
Viele introvertierte Menschen sind besonders kreativ, weil sie in der Stille neue Ideen
entwickeln. - Sorgfalt und Zuverlässigkeit:
Sie arbeiten oft sehr genau und gewissenhaft. - Unaufgeregte Führung:
Sie führen durch Vorbild und Integrität, nicht durch Lautstärke.
Fünf Stärken, die Introvertierte mitbringen
Es gibt viele Aufgaben, für die Introvertierte besonders geeignet sind – und Extrovertierte oft weniger:
- Forschung: Wissenschaftler, Analysten
- Kreative Berufe: Autoren, Designer, Komponisten
- IT und Technik: Programmierer, Systemadministratoren, Datenanalysten
- Beratende Tätigkeiten: Psychologen, Therapeuten, Mediatoren
- Sachbearbeitung und Verwaltung: Buchhalter, Archivare, Dokumentare
- Qualitätsmanagement: Auditoren, Prüfer
- Redaktion und Lektorat: Lektoren, Redakteure, Übersetzer
Natürlich können auch Extrovertierte in diesen Berufen erfolgreich sein, aber Introvertierte
bringen hier oft besondere Stärken ein.
Hier glänzen Introvertierte besonders
Um das Potential introvertierter Menschen auszuschöpfen, braucht es Veränderungen:
- Raum für Stille und Nachdenken schauen:
Nicht jeder muss sofort in Meetings sprechen. Gebt Zeit, Gedanken zu sortieren und
schriftlich einzubringen. - Vielfältige Präsentationsformen zulassen:
Nicht jeder muss vor großem Publikum glänzen. Auch schriftliche Berichte oder kleine
Gruppen können wertvolle Beiträge liefern. - Leise Führung anerkennen:
Führung muss nicht laut sein. Auch zurückhaltende, empathische
Führungspersönlichkeiten verdienen Chancen. - Stärkenorientierte Aufgabenverteilung:
nutzt die analytischen, kreativen und empathischen Fähigkeiten introvertierter
Teammitglieder gezielt. - Bewusstsein schauen:
sensibilisiert Teams für die Unterschiede zwischen Intro- und Extrovertierten – und deren
gleichwertige Bedeutung.
So entfalten Teams das volle Potential von Introvertierten
Erfolg muss nicht laut sein. Die leisen Töne, das stille Nachdenken, das genaue Beobachten
– all
das ist wertvoll. Teams, die die Stärken introvertierter Menschen erkennen und fördern, sind
kreativer, ausgewogener und erfolgreicher.
Bleib, wie du bist – leise Stärken sind echte Superkräfte
Introvertierte müssen sich nicht verbiegen. Sie dürfen und sollen ihre Fähigkeiten entfalten.